Die Nussknacker-Hymne
In dem “Feenmärchen „Nussknacker und Mäusekönig“, bekommen Marie und Fritz von ihrem Paten einen Nussknacker und ein Schloss „mit tanzenden Figürchen“ geschenkt. In einer anderen Dimension existiert der Nussknacker als Prinz, geschätzt von der Bevölkerung. Durch den Zauber eines machthungrigen Mäusekönigs der aus Bosheit Spielzeuge von Kindern zerstört, um sie für seine Streitmacht zu manipulieren, wird er in eine hölzerne Puppe verwandelt. Marie knackt harte Nüsse für den „Nussknacker“, um ihn an seine wahre Identität zu erinnern. In ihrer weiteren Entwicklung - sowie sexueller Initiation - wird dieser eine bedeutsame Rolle spielen. Das kommt davon her, wenn die Kinder eigenwillig sind und den Eltern nicht folgen.“(E.T.A.Hoffmann).
Hoffmanns Erzählung über den „Nussknacker“ gibt außergewöhnlichen Spielraum, auch für phantastische Inszenierungen von Choreograph*innen und Filmemacher*Innen. In den Raunächten wurde einst sobald der erste Stern am Himmel auftaucht, als Zeichen der Gastfreundschaft, ein zusätzliches Gedeck für unerwarteten Besuch aufgelegt. In dem britischen Fantasy-Musical-Film „Nussknacker“ erscheint, der mit Relativitätstheorie vertraute, Patenonkel Albert. Seine Rolle wurde an den Physiker Albert Einstein angeglichen. Den Kindern, Marie und Fritz, beschert er zu Weihnachten über den „Nussknacker-Prinzen“ hinaus, ein Spielhaus. Die darin wohnenden Puppen werden nach der Abenddämmerung im Geheimen lebendig und mit Einfallsreichtum unterstützen sie ihren „Nussknacker-Prinzen“, die grausame Weltherrschaft des Rattenkönigs zu beenden. Ob sich Hoffmanns Original-Novelle, die partout dämonischen Züge beinhaltet, als Kindermärchen eignet darüber streiten die Gelehrten.
Die Ballett-Choreographie des Großmeisters Marius Petipa, über den „Nussknacker“ - dem russischen „Stschelkunschik“ - wurde von seinem Assistenten, dem russischen Choreographen und Ballettmeister Lew Iwanow, vollendet. Pjotr Iljitsch Tschaikowski komponierte die Sinfonie und es reizte ihn - wie schon bei „Dornröschen“ - die Ambivalenz zwischen den dunklen und lichtbringenden Elementen musikalisch umzusetzen. Ein Höhepunkt war die Uraufführung des Nussknacker Balletts am 6. Dezember 1892 im Marinisky-Theater in St. Petersburg. In der kunstvollen Gestaltungsästhetik steht die Phantasiewelt von Marie-„Clara“, im Kontrast zur Weltanschauung der Erwachsenen. In der Choreographie vereinen sich interkulturelle Volks-und Charaktertanzelemente; “ der arabische Kaffee, die spanische Schokolade, der chinesische Tee...“ in einer virtuosen Ballett-Suite. Der kapriziöse-allegorische Spitzentanz der Zuckerfee, sowie der zauberhaft-poetische Pas de deux der Liebenden im verschneiten Winterwald prophezeit, dass wahre Liebe über die Macht verfügt Bedrohungen zu überwinden.
Im klassischen Handlungsballett, des späten 19. Jahrhunderts, wird die Märchenwelt auf der Bühne widergespiegelt. Ein wiederkehrendes Schauspiel, ist der Übergang zwischen Traum zur Realität. Einer der größten Ballettschöpfer „George Balanchine“, empfiehlt Kindern Märchen von E.T.A. Hoffmann, sowie dem „Märchenfürsten“ Hans Christian Andersen vorzulesen.“Sie haben es nicht gern, wenn man im Kinderton mit ihnen spricht, Kinder sind die wahren Romantiker.“(Balanchine). In Märchen verbergen sich Wegweiser für die Lebensgestaltung. Die innere Einigkeit von kulturellen Gegensätzen, die sich in der Poesie offenbart, öffnen, trotz unterschiedlicher Präferenzen in der Lebensart, die Fenster zu anderen Weltanschauungen. Die Erzählungen von E.T.A Hoffmann, in denen phantastische Ereignisse in den Alltagstrott eindringen, erobern die internationalen Opern- und Ballettbühnen.“ Prinz- Nußknacker schwebt mit Clara in einem fliederfarbenen goldkuvenverzierten Zauberschlitten, über dick-verschneite Tannenwipfel, nach Hause in sein Reich.“(Malakhov).