Das Wirtshaus im Barnim – Hussitenstadt Bernau
Im Mittelalter wurde die Stadt durch die ehrwürdige Zunft der Tuchmacher und das wohlschmeckende Bier, das noch abgelagert vorzüglich munden soll, über seine Landesgrenzen hinweg bekannt. Die Wirtshäuser im Barnim wurden zum Weltmittelpunkt, um interessante Neuigkeiten auszutauschen. Das Hussitenfest wird in langer Tradition mit köstlichen Gaumenfreuden als Dankprozession gefeiert, dass die kriegerischen Hussiten Bernau nicht zerstört haben. Ein großer Fackelumzug führt vom Mittelaltermarkt im Stadtpark zum undurchdringlichen Steintor. Die Kinder von der Kita „Auergang“ kostümieren sich beim historischen Festumzug als Tuchmacher und zeigen wie die Menschen im Mittelalter Schafwolle verwoben. Über 1500 Akteure illustrieren phantasievoll die Stadtgeschichte. Auf dem König- Drosselbart-Markt werden antike und kunsthandwerkliche Waren feilgeboten.
Europa befand sich in der Umbruchphase, als der böhmische Universitätsgelehrte und Theologe Jan Hus - Beichtvater der Königin Sophie von Bayern - aus der kaiserlichen Residenzstadt Prag im Glauben eines sicheren Geleits zum Kirchen- Konzil nach Konstanz reiste. In einer Zeit, in der um die weltliche und kirchliche Vormachtstellung gekämpft wurde, wollte er - inspiriert von den Lehren des Oxforder Theologen John Wyclif - seine Thesen vorstellen, diskutieren und der Spaltung der katholischen Kirche, „dem großen Schisma“, entgegenwirken. In Konstanz eingetroffen, wurde er am 6. Dezember 1414 im Verlies der Dominikaner-Insel eingekerkert. Als er sich auf dem Konzil weigerte, seine reformatorischen Ansichten zu widerrufen, wurde er verurteilt und als Erzketzer verbrannt. In seiner Heimat tief verehrt, entzündeten sich an seinem Feuertod die grausamen Kriegszüge der Hussiten, der revolutionären Bewegung in Böhmen des 15. Jahrhunderts.
Zur Eröffnung des Hussitenfests wurden auf der großen Bühne von der Kinder-Theatergruppe „Trivium“ die Märchen „Die Bremer Stadtmusikanten“ und der „verstiefelte Kater“ aufgeführt. Nicht nur der heiße Brei, der aus Braurückständen zubereitet wurde, besänftigte die Hussiten. Ohne die Tiere des Waldes wäre es nicht möglich gewesen, die Stadt zu schützen. Die Stadtmusikanten kamen auch zur Hilfe und bauten ein undurchdringliches Steintor, während der gestiefelte Kater die rachsüchtigen Hussiten mit seinem flinkzüngigen Mundwerk in Schach hielt. Im Turmzimmer des Museums am Steintor gab eine Wanderausstellung auf 14 Tafeln Einblicke in die Geschichte der Tschechischen Republik und das Lebenswerk von Jan Hus. Der einstige Dekan der Philosophischen Fakultät predigte in seiner Landessprache, trat für Gewissensfreiheit und eine tugendhafte Lebensführung ein und wollte den weltlichen Besitz der Kirche Bedürftigen zukommen lassen.
„Das Universum ist voll der wunderbaren Dinge, die geduldig darauf warten, daß unsere Sinne schärfer werden“ (Eden Phillpotts). Die geschichtsträchtige Stadt „Bärnau“ ist ein begehrtes Reiseziel für Touristen aus aller Welt. Die Einheimischen pflegen einen regen Gedankenaustausch mit ihren Gästen und Freunden aus der Städtepartnerschaft mit dem polnischen Skwierzyna. Das prominente Bernauer Bier wird auch im Hofgarten der Gaststätte zum „Schwarzen Adler“, dem ehemaligen Bethaus der Kalandsbrüder, serviert. Die vorzügliche Speisekarte ist gewürzt mit phantasievollen Stadt-Anekdoten. In der spätgotischen St. Marienkirche, mit dem Flügelalter aus der Schule des Renaissancemalers Lucas Cranach des Älteren, findet regelmäßig im Herbst das Festival „Alte Musik“ statt, das einen Bogen zu modernen Rhythmen spannt. Auf dem Hussitenfest wurden die Gäste mit Klängen aus fernen Zeiten auf ihrer Reise in die Vergangenheit begleitet.